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„Das einzig Beständige ist der Wandel.“
(Heraklit von Ephesos, * um 520 v. Chr., † um 460 v. Chr.; Philosoph)

Covid-19

2. COVID-19-Gesetz

Zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus sind nebst Veranstaltungsverboten, Ausgangsbeschränkungen, Einführung von Kurzarbeit und Errichtung von Hilfsfonds (Notfallhilfe, Härtefälle) in Rekordzeit umfangreiche Rechtsänderungen in Kraft getreten.

Die gesetzgeberischen Maßnahmen beziehen sich auf ganz unterschiedliche Materien. Zahlreiche Gesetzesänderungen sieht das 2. COVID-19-Gesetz (BGBl. I 2020/16) vor. Aus diesen Änderungen seien im Folgenden nur einige wenige herausgegriffen, welche ich nach Relevanz für meine Spezialgebiete nach freiem Ermessen ausgewählt habe, etwa Änderungen

  • im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1155 Abs. 3 und Abs. 4 ABGB: Verbrauchspflicht bei Urlaubs-, Zeitguthaben),
  • im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 39a BUAG: Entfall von Zuschlägen),
  • in der Exekutionsordnung (§ 200b EO: Aufschiebung der Exekution),
  • in der Insolvenzordnung (§ 69 Abs. 2a IO: Verlängerung der Antragsfrist),
  • im Zustellgesetz (§ 26a ZustellG: Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19),
  • ferner umfassende Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz (Art. 21 des 2. COVID-19-Gesetzes: Unterbrechung, Hemmung von Fristen, tiefgreifende Änderungen im Justizbetrieb).

Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die Aufzählung nur einen geringen Teil jener umfassenden Rechtsänderungen wiedergeben kann, welche das 2. COVID-19-Gesetz auf gesamt 28 Seiten (44 Artikel) enthält.

Miete, Pacht

In Bezug auf solche Bestandverträge, welche die Miete von Geschäftsräumen oder die Pacht von Unternehmen zum Gegenstand haben, verschafft Covid-19 einigen sehr alten Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) aus dem Jahr 1917 zu neuer Aktualität. Indem Covid-19 als Pandemie, demnach als große Seuche eingestuft ist, kommen wohl die folgenden gesetzlichen Regelungen zum Tragen; die maßgeblichen Passagen im Originalwortlaut:

§ 1104 ABGB. Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle … oder Seuche … gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist … auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.

§ 1105 ABGB. Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.

Die Unbrauchbarkeit oder eingeschränkte Brauchbarkeit bewirkt aber kein Erlöschen des Bestandvertrages (Miete, Pacht). Voraussetzung für die (teilweise) Zinsbefreiung ist, dass der bedungene Gebrauch vereitelt sein muss. Im Bestandvertrag können die Parteien aber auch eine andere Gefahrenverteilung vereinbart haben.

Konventionalstrafen, Stornogebühren

Wurde eine Konventionalstrafe (Vertragsstrafe, Pönale) nicht ausdrücklich auch für den Fall unverschuldeter Nichterfüllung vereinbart, ist sie nur bei Verschulden zu zahlen (OGH 14.01.1981, 1 Ob 725/80 u. v. a., RIS-Justiz RS0017471). Verschuldensunabhängigkeit darf im Zweifel nicht angenommen werden.

In Verbindung mit Stornogebühren stellt sich die Frage, ob Konventionalstrafe oder Reugeld vorliegt. Darf ein Vertragspartner willkürlich vom Vertrag zurücktreten und hat er dafür eine Vergütung zu bezahlen, so liegt Reugeld vor. Andernfalls ist die Vereinbarung einer Stornogebühr als Konventionalstrafe anzusehen.

Konventionalstrafen unterliegen dem so genannten richterlichen Mäßigungsrecht.

Vertragsrecht, RIS-Rechtssätze

05/2018, RS0132163

Ein zwischen einem inländischen Verbraucher und einer ausländischen Bank abgeschlossener Darlehensvertrag, der der Finanzierung eines privaten Wohnungsumbaus dient, ist ein Vertrag zur Finanzierung von Verträgen über die Lieferung beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinn des Art. 5 Abs. 1 EVÜ (OGH 29.05.2018, 1 Ob 21/18 x).

04/2018, RS0132067

Hätten die Vertragspartner bei ordnungsgemäßer Aufklärung durch den Werkunternehmer weitere oder andere Leistungen vereinbart, so besteht ein auf Schadenersatz wegen Aufklärungspflichtverletzung gestützter Anspruch auf Verbesserung (gegebenenfalls durch Neuherstellung) nur Zug um Zug gegen Ersatz jenes weiteren Werklohns, der bei ordnungsgemäßer Aufklärung zusätzlich vereinbart worden wäre (OGH 25.04.2018, 2 Ob 230/17 p).

Miet- und Wohnrecht, Liegenschaftsrecht, RIS-Rechtssätze

01/2019, RS0132488

Wirtschaftliche Abbruchreife ist gegeben, wenn der voraussichtliche Erhaltungsaufwand der nächsten 10 Jahre für das Miethaus durch die zu erzielenden Mietzinse unter Berücksichtigung einer Mietzinsanhebung gemäß §§ 18, 19 MRG nicht gedeckt werden kann (OGH 24.01.2019, 6 Ob 199/18 k).

01/2019, RS0132475

Begehren auf Ersatz von Ansprüchen nach § 8 Abs. 3 MRG sind an den Vermieter und nicht an die Eigentümergemeinschaft zu richten (OGH 17.01.2019, 5 Ob 165/18 b).

Unternehmensrecht, RIS-Rechtssätze

02/2019, RS0132509

Die für den Fortlauf der Verjährungsfrist erforderliche Stellungnahme des Unternehmers hat den Charakter einer Informationserteilung. Dafür bedarf es nicht der Einhaltung der Schriftform im Sinn des § 886 ABGB (OGH 26.02.2019, 4 Ob 6/19 i).

02/2019, RS0132508

Es ist systemkonform, die Anmeldung im Sinn des § 18 Abs. 3 HVertrG auf alle Provisionsansprüche zu beziehen, die im HVertrG in den §§ 8 und 11 ausdrücklich vorgesehen sind (OGH 26.02.2019, 4 Ob 6/19 i).

01/2019, RS0132500

„Mogelpackung“ ist eine Fertigverpackung, die durch ihre äußere Aufmachung über Anzahl, Maß, Volumen oder Gewicht der tatsächlich darin enthaltenen Waren irreführt. Maßgebend ist, ob ein angemessen gut unterrichteter und kritischer Durchschnittsverbraucher, der eine der Bedeutung der Ware angemessene Aufmerksamkeit an den Tag legt, einen Eindruck vom Packungsinhalt gewinnt, der nicht den Tatsachen entspricht und geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (OGH 29.01.2019, 4 Ob 150/18 i).

Gesellschaftsrecht, RIS-Rechtssätze

02/2019, RS0132498

Ein haftungsbeschränkender Rechtsformzusatz nach § 19 Abs. 2 UGB ist bei der Firma einer „mehrstöckigen OG“ nur dann erforderlich, wenn auf keiner Ebene eine natürliche Person unbeschränkt haftet (OGH 27.02.2019, 6 Ob 28/18 i).

12/2018, RS0132500

Für den von einem GmbH-Gesellschafter an den Mitgesellschafter zu leistenden Kaufpreis für die Abtretung seiner Geschäftsanteile sind grundsätzlich keine unternehmerischen Verzugszinsen zu leisten. Abweichendes gilt dann, wenn beide Gesellschafter ein Unternehmen betreiben, zu dessen Betrieb der Erwerb und die Veräußerung von Geschäftsanteilen gehört (OGH 20.12.2018, 6 Ob 126/18 z).

Zivilprozessrecht, RIS-Rechtssätze

01/2019, RS0132465

Norm: § 273 ZPO (Festsetzung eines streitigen Betrages durch das Gericht nach freier Überzeugung). Zur revisiblen Betragsfestsetzung zählt auch die Frage, welche maßgeblichen Faktoren heranzuziehen sind (OGH 29.01.2019, 4 Ob 213/18 d).

01/2019, RG0000159

In Gebührensachen gilt das Neuerungsverbot. Tatsächliche oder rechtliche Einwendungen gegen eine Gebührennote müssen konkret erfolgen. Ein bloßer Verweis auf eine ergangene gerichtliche Entscheidung ist unzureichend (OLG Graz 09.01.2019, 6 Rs 83/18 z).

11/2018, RW0000935

Begehrt eine dritte Person Einsicht in die Akten eines Verfahrens, das mit anderen Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde, so benötigt sie, sofern sie kein rechtliches Interesse glaubhaft machen kann, die Zustimmung sämtlicher Parteien, die an den einzelnen verbundenen Verfahren beteiligt sind (OLG Wien 26.11.2018, 14 R 135/18 b).

Vaterschaft, RIS-Rechtssätze

11/2018, OGH 27.11.2018, 4 Ob 82/18 i = Rechtssatz RS0009425 bestätigt

Wenn auch die ideellen Interessen der Ehe im Vordergrund stehen, so hindert das nicht, dass auch die Vermögensinteressen der Ehegatten, die für die materielle Grundlage der Ehe von Bedeutung sein können, mitgeschützt sind. Für diese Auffassung spricht, dass die Berufung auf die sittlichen Werte der Ehe nicht dazu dienen darf, dem am Ehebruch unbeteiligten Ehegatten einen Schaden aufzulasten, den der andere Ehegatte unter Verstoß gegen die Verpflichtung zur ehelichen Treue verschuldet hat (RS0009425: OGH 15.03.1984, 6 Ob 529/84).

10/2018, RS132348

Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren ist von einer materiellen Kollision der Interessen des Kindes und der Mutter auszugehen, so dass in der Regel ein Kollisionskurator zu bestellen ist. Die Darlegungslast für besondere Umstände, die im konkreten Fall eine Interessenkollision dennoch ausgeschlossen scheinen lassen, trifft die Mutter (OGH 23.10.2018, 4 Ob 72/18 v).

02/2018, RS0131979

In § 188 Abs. 2 ABGB wurde nicht festgelegt, dass die Abstammungsklärung erst dann erfolgen dürfte, wenn sichergestellt ist, dass die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Es steht daher grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob es im Einzelfall zunächst die biologische Vaterschaft oder das Kindeswohl prüft. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind aber sowohl das Kindeswohl als auch der Schutz des Familienlebens der bestehenden (rechtlichen) Familie gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen (OGH 21.02.2018, 3 Ob 130/17 i).

08/2016, RS0130937

Ist der Ehemann der Mutter verstorben, kann bis zur Einantwortung ein Antrag auf Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter gemäß §§ 151 ff ABGB (neu) nur vom ruhenden Nachlass als Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Mannes, dessen Vaterschaft vermutet wird, gegen das Kind oder von diesem gegen den Nachlass des Mannes gestellt werden. Richtet sich ein solcher Antrag gegen ein Kind, das eine Erbantrittserklärung abgegeben hat, die jener eines (weiteren) Erbanwärters widerstreitet, kann der Nachlass nur durch einen Verlassenschaftskurator vertreten werden (OGH 30.08.2016, 1 Ob 75/16 k).

07/2015, RS0130379

In einem Unterhaltsregressprozess des Scheinvaters nach § 1042 ABGB ist die Beurteilung, ob der Beklagte der biologische Vater des Kindes ist, als Vorfrage mit den Mitteln der ZPO mit Wirkung bloß zwischen den Parteien und für dieses Verfahren zulässig, wenn nach Beseitigung des den Scheinvater als Vater feststellenden Rechtsakts oder der auf der Geburt in aufrechter Ehe gründenden Vaterschaftsvermutung keine Vaterschaft eines anderen Mannes feststeht und keine negative Statusentscheidung hinsichtlich des Beklagten vorliegt (OGH 02.07.2015, 7 Ob 60/15 x).